Die Zukunft ist weiblich oder wir fahren vor die Wand

25 Mrz 2021 | Persönliches über mich, Zukunft ist weiblich

Unsere männlich geprägte Welt mit Werten wie Leistung, Wettbewerb, Macht, Kontrolle, Hierarchie hat uns Wachstum und Fortschritt beschert. Doch, wo stehen wir heute? Klimawandel, Rassismus, Gewalt prägen das Weltgeschehen. Es gibt mehr Kriege und Krisenherde denn je, eine industrielle Landwirtschaft beutet die Natur aus und macht Menschen krank. Statt Wohlstand für alle herrscht Reichtum für wenige. Wir brauchen ein radikales Umdenken. Die Menschen sehnen sich nach mehr Nähe, Gemeinschaft, Liebe, Frieden. Meine Überzeugung: Zukunft ist weiblich oder wir fahren vor die Wand. Eine Überzeugung, mit der ich mitunter anecke und manchmal Empörung verursache. Wieso ich so denke, schreibe ich in diesem Beitrag.

Unsere Sicht auf die Welt ist männlich geprägt

Die Frauenbewegung hat uns Frauen ein gutes Stück vorangebracht. Wir westlichen und privilegierten Frauen können Parteien wählen, den Job aussuchen, lieben, wen wir wollen, Mutter werden oder nicht, über unseren Körper bestimmen und Sex haben, so oft und mit wem wir wollen. Und doch sind wir weit entfernt davon, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Immer noch sind Frauen in Führungspositionen und Vorstandsetagen kaum zu finden, verdienen Frauen weniger als Männer und kümmern sich überwiegend um die Care-Arbeit.

Klar ist, wir leben in einer männlich geprägten Welt. In Wirtschaft, Politik und Gesellschaft dominieren Werte wie Leistung, Risiko, Wettbewerb, Dynamik, Stärke, Macht, Hierarchie, Wissen, Verstand, Kontrolle. Wichtige Werte, die uns Erfolg, Wachstum und Fortschritt beschert haben.

Und wo hat uns Wachstum und Fortschritt heute hingeführt?

Es gibt mehr Kriege und Krisenherde denn je, die Suche nach Rohstoffen und die industrielle landwirtschaftliche Produktion beuten die Natur aus und machen die Menschen krank. Statt Wohlstand für alle gibt es Reichtum für wenige. Menschen werden ausgegrenzt, verfolgt, missbraucht und getötet. Mit den Kindern sind es häufig die Frauen, die unter diesen Missständen am meisten leiden. Die Corona-Pandemie wirkt da wie ein Brennglas. Gesellschaftliche Ungleichgewichte werden uns allzu deutlich vor Augen geführt.

Wir brauchen einen Wertewandel und neue Konzepte

Wir können Themen wie Klimawandel, Nachhaltigkeit, Rassismus, Gewalt nicht weiter ignorieren und mit einer Politik begegnen, die sich in Machtkämpfen verstrickt sowie in Wahlperioden denkt und handelt. Wir brauchen einen Wertewandel und ganz neue Denk- und Handlungskonzepte. Die Menschen sehnen sich nach Frieden, Nähe, Mitgefühl, Liebe, Gemeinschaft. Wenn wir etwas grundlegend verändern wollen, dann können wir es uns nicht leisten, mit den Frauen die Hälfte der Bevölkerung mit ihren Ansichten außen vor zu lassen.

Ist es denn nun die Lösung, dass die andere Hälfte der Bevölkerung das Steuer übernimmt, Gesetze und Regeln aufstellt und nach ihrer Fasson agiert? Ist die Welt dann eine bessere?

Wie ist es denn, wenn Frauen an der Macht sind?

Keine Frage, es gibt inzwischen viele gute Beispiele, in denen Frauen anders führen als ihre Geschlechtsgenossinnen. Sie setzten sich füreinander ein, unterstützen sich und sorgen für familien- und frauenfreundliche Strukturen in Unternehmen. Doch ich kenne auch dieses Bild ganz gut: Wenn Frauen sich im Job in höhere Positionen kämpfen, führen sie meist männlicher als ihre Kollegen und verwehren anderen Frauen die gleichen Chancen. Neid, Missgunst, Konkurrenz prägen ihren Führungsstil und auf den hohen Rängen weht ein mitunter eisiger und einsamer Wind.

Gesamtgesellschaftlich zeigt sich ebenso ein Bild, dass ich zumindest in Frage stelle: Irreale Schönheitsideale, der Zwang zur Selbstoptimierung und die Hoffnung mit Konsum Sehnsüchte zu erfüllen, lassen den Ruf nach “Zukunft ist weiblich”, „mehr Macht den Frauen“ und „zurück zum Matriarchat“ zunächst in mir verstummen.

Ich frage mich: Was macht uns Frauen wirklich aus, was sind weibliche Qualitäten im Gegensatz zu männlichen Qualitäten, denen wir Jahrtausende folgten?*

Zurück zum Matriarchat und die Welt ist eine bessere?

Als ich auf dieses Thema “Zukunft ist weiblich” überhaupt aufmerksam wurde, recherchierte ich wochenlang mit der Frage: Wo sind die Frauen mit ihren Werten geblieben, wann nahm das Ungleichgewicht seinen Anfang und wie war es vorher?

Natürlich stieß ich auf die patriarchalen Strukturen der großen Weltreligionen, in denen Frauen mit ihren weiblichen Werten Jahrtausende unterdrückt wurden. Die Geschichte des Christentums, aber auch anderer Religionen, ist voller Belege. Die Hexenverfolgung ist ein dramatisches Beispiel für die Zerstörung des Weiblichen. Auch die Rolle und Bedeutung Maria Magdalenas wird heute von vielen Wissenschaftler:innen neu bewertet. Geschichtsforscher:innen können außerdem belegen, dass weibliche Priesterinnen, die gleichberechtigt predigten und Gottesdienst feierten, aus den Geschichtsbüchern ausradiert und durch männliche Namen ersetzt wurden. Diese unsere Geschichte ist erst 2000 Jahre alt und hat doch patriarchale Strukturen so machtvoll werden lassen.

Also zurück zum Matriarchat? Haben wir dann nicht wieder ein Ungleichgewicht?

Weibliche und männliche Qualitäten in Balance

Meine Überzeugung nach geht es nicht darum, dass die Frauen eine bevorzugte Stellung in der Gesellschaft innehaben. Es geht um eine Balance zwischen weiblichen und männlichen Qualitäten in uns Menschen. Diese Balance gilt es wiederherzustellen und deshalb ist es unumgänglich, dass wir den weiblichen Qualitäten wieder einen gleichwertigen Platz in unserer Kultur geben. Weibliche Werte, weibliches Denken und Handeln anerkennen und wertschätzen. Es sind Werte wie Intuition, Mitgefühl, Kooperation, Harmonie, Hingabe, Liebe, Gemeinschaftssinn, die wir nun benötigen für eine andere (bessere) Welt. Eine Welt, in der alle Menschen jeden Geschlechts gleich wertvoll sind und in der wir uns gemeinsam und gleichberechtigt um das Wohl von Mensch und Natur kümmern.

Erinnern wir uns an die Ur-Weiblichkeit in uns Frauen

Was uns Frauen fehlt, ist die Erinnerung an unsere weiblichen Qualitäten. Das, was uns ausmacht. Die Ur-Weiblichkeit ist in unserer DNA, unseren Knochen gespeichert über Jahrtausende und Generationen hinweg, unabhängig davon, ob wir danach leben oder nicht.

Wir Frauen verfügen über dieses weibliche Wissen. Überall auf der Welt machen sich Frauen auf den Weg. Sie erforschen, erinnern und erwecken ihre weiblichen Seiten und ringen darum, diese Qualitäten wahrzunehmen, anzuerkennen und dafür im Außen einzustehen.

Es sind also nicht die Männer per se, die die Welt vor die Wand fahren. Es sind die männlichen Qualitäten, die in den Männern und in uns Frauen teils überdimensioniert wirken. Jeder Mensch trägt beide Qualitäten in sich, es kommt auf die richtige Balance an.

Bild Pixabay Sofie-Zbořilová

Die Zukunft gelingt mit einem Mehr an weiblichen Qualitäten in uns Menschen

Und wenn es uns Frauen gelingt unsere urweibliche Kraft zu stärken und in all unserem Tun einfließen zu lassen, dann sind wir Vorbild für Weiblichkeit und machen es den Männern möglich ihrerseits die weiblichen Qualitäten in sich wieder wahrzunehmen. Wenn wir eine wirkliche Veränderung in der Welt wollen, dann brauchen wir mehr weibliche Qualitäten. Erst dann gibt es ein Gleichgewicht und eine bessere Welt.

Mehr zum Thema

  • Terra X – Warum wir im Partriaracht leben und weitere Dokumentationen zum Thema
  • Was ist eine matriarchale Gesellschaft – eine Definition von Heide Göttner-Abendroth
  • Das Matriarchat lebt von Fürsorge – Filmemacherin Uschi Madeisky spricht im Interview über den Dokumentarfilm „Mutterland“ und ihre Faszination an mütterlich-orientierten Lebensformen.
  • Die Polarität der Geschlechter Alexandra Schwarz-Schilling verbindet in ihrem Artikel in Tattva Viveka Elemente aus der Psychologie, dem Coaching, schamanischer Energielehre und der Frauenforschung zu einem ganzheitlichen Entwurf der Mann-Frau-Beziehung. Nur gemeinsam kommen die Energien der Geschlechter in den Fluss und das menschliche Potenzial entfaltet sich.
  • Die männliche Dominanz – Mann und Frau – immer noch eine Geschichte der Ungleichheit, aus der Sendung titel thesen temperamente
  • Kristina Marita Rumpel: Die Kraft des Weiblichen. Der Schlüssel für Frau und Mann in eine lebensbejahende Welt. Mankau Verlag 2016
  • Linda Scott: Das weibliche Kapital. Hanser 2020
  • Uwe Jean Heuser/Deborah Steinborn: Anders denken! Warum die Ökonomie weiblicher wird. Hanser 2013

*Bei der Begrifflichkeit männliche/weibliche Qualitäten beziehe ich mich nicht auf den MANN oder die FRAU, sonderen auf weibliche und männliche Energien nach dem chinesischen Prinzip von Yin und Yang.

Beitragsbild: Pixabay StockSnap

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3 Kommentare
  1. Thomas

    Wer bricht Kriege vom Zaun?
    Wer holzt die grüne Lunge der Erde gerade ab?
    Wer müllt die Weltmeere zu?
    Noch Fragen?
    Manchmal schäme ich mich ein Mann zu sein,obwohl ich nichts,dafür kann!

    Antworten
    • Michaela

      Lieber Thomas, danke für deine Rückmeldung. Ich war ein paar Tage an der Elbe und antworte dir erst heute. Verstehe ich dich richtig, du fühlst dich angesprochen als Mann für all die Fragen, die du gestellt hast, verantwortlich zu sein oder verantwortlich gemacht zu werden? Ich selbst schäme mich manchmal, weil ich mich auch verantworlich fühle, für die Welt wie sie jetzt ist und gleichzeitig spüre ich Überforderung, nicht wirklich etwas ändern zu können oder nicht zu wissen, was oder das Gefühl zu haben, es sei nicht genug. Ich beziehe mich nicht explizit auf DIE Männer, sondern auf die männlichen und weiblichen Qualitäten in uns Menschen. Und ja ich bin überzeugt, dass uns ein Zuviel an männlicher Qualität oder männlichen Werte genau an diesen Punkt geführt hat, an dem wir nun stehen. LG Michaela

      Antworten
  2. Thomas

    Liebe Michaela!
    Vielen Dank für Ihre Antwort!
    Nein,verantwortlich fühle ich mich nicht für diese Gier nach immer mehr Wachstum und Kapital.Ich lebe bescheiden und komme mit sehr wenig materiellen Dingen zurecht.Männliche Qualitäten kann ich nur keine entdecken in den “Männern” die das tun was ich anfangs genannt habe.
    Ich hatte in meinem Arbeitsleben lieber eine Chefin,als einen Chef.Mit Frauen als Vorgesetzte kam ich besser zurecht als mit Männern.
    Also müssen wir um ein Matriarchat kämpfen und ich denke,da sind wir auf einem guten Weg.
    LG Thomas!

    Antworten
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Michaela Arlinghaus
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