Gleichwertigkeit ist mehr als Gleichberechtigung
Hinter dem Begriff der Gleichberechtigung steckt die Forderung nach gleichen Rechten für alle. Hier geht es um Rechte, die in Regeln und Gesetzen klar verankert sind und auf die wir einen Anspruch geltend machen können. Frauen sitzen jedoch weiterhin kaum in den Vorstandsetagen, verrichten den größten Teil der Care-Arbeit und bekommen für gleiche Arbeit häufig weniger Geld. Es bleibt wichtig, sich für mehr Gleichberechtigung einzusetzen.
Dabei geht es um gleiche Wertigkeit, an Bedeutung und Geltung, gleich lieb und teuer, gleich kostbar, geschätzt und angesehen. Synonyme von Wertigkeit sind Güte, Qualität, (hohe) ideelle Bedeutung. Und wenn wir uns fragen, ob Frauen in unserer Gesellschaft genauso wertvoll sind wie die Männer und Sexismus, Gewalt gegen Frauen und festgeschriebene Rollenbilder dabei in den Blick nehmen, dann landen wir wieder bei dem Ruf nach mehr Rechte für Frauen. Zu Recht! In der Analyse um Wertigkeit geht es allerdings um eine tiefe Haltung jenseits von Recht.
Frauen und Männer sind verschieden
Wir gehen in Diskussionen häufig davon aus, dass Frauen und Männer gleich sind. Was wäre, wenn wir anerkennen, dass Frauen und Männer verschieden sind? Weibliche Qualitäten und Werte sind andere als männliche. Und in jedem Individuum ist beides angelegt. Besonders authentisch wirken Menschen, die beide Qualitäten in einem ausgewogenen Verhältnis leben.
Und es ist das Weibliche, das Jahrtausende von Jahren unterdrückt, ignoriert und verdammt wurde. Die Geschichte des Christentums, aber auch anderer Religionen, ist voller Belege. Die Hexenverfolgung ist ein dramatisches Beispiel für die Zerstörung des Weiblichen. Auch die Rolle und Bedeutung Maria Magdalenas wird von vielen Wissenschaftler/innen neu bewertet. Geschichtsforscher können außerdem belegen, dass weibliche Priesterinnen, die gleichberechtigt predigten und Gottesdienst feierten, aus den Geschichtsbüchern ausradiert und durch männliche Namen ersetzt wurden. Auch wenn diese unsere Geschichte erst 2000 Jahre alt ist, so hat sie doch patriarchale Strukturen machtvoll werden lassen.
Wir leben heute in einer männlich geprägten Kultur; in Wirtschaft und Gesellschaft sind Eigenschaften wie Wettbewerb, Dynamik, Stärke, Macht, Hierarchien, Wissen, Verstand, Kontrolle angesehen und führen zu Erfolg, Wachstum und Fortschritt. Auf der anderen Seite müssen wir nicht erst durch Corona drängende Fragen nach Klimaschutz, Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und Frieden für alle Weltenbürger beantworten. Wir können es uns nicht leisten, mit den Frauen und deren weibliche Art zu fühlen, denken und handeln, die Potenziale der Hälfte der Weltbevölkerung nicht auszuschöpfen. Und da sind flexible Arbeitszeiten, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Mentoring Programme erst ein kleiner wichtiger Anfang im Ringen um gleiche Rechte für alle.
Die Welt braucht weibliche Qualitäten
Wenn wir allerdings das vollständig Weibliche wieder einen gleichwertigen Platz in unserer Kultur geben wollen, dann braucht es mehr als gleiche Rechte für Männer und Frauen. Tiefes Verständnis setzt ein, wenn wir weibliche Werte zunächst als solche anerkennen und wertschätzen. Es sind Werte wie Intuition, Mitgefühl, Kooperation, Harmonie, Hingabe, Liebe, Gemeinschaftssinn, die wir nun benötigen für eine andere (bessere) Welt. Eine Welt, in der Frauen und Männer gleich wertvoll sind und in der wir uns gemeinsam und gleichberechtigt um das Wohl von Mensch und Natur kümmern.
Bei dem Kampf um mehr Geschlechtergerechtigkeit muss es immer auch darum gehen, den Aspekt der Unterschiedlichkeit zu respektieren. Und das ist nicht zuletzt für die Frauen selbst eine große Herausforderung. Viele Frauen stellen sich dieser Aufgabe, erforschen, erinnern und erwecken ihre weiblichen Seiten und ringen darum, diese Qualitäten wahrzunehmen, anzuerkennen und dafür im Außen einzustehen. Ein Weg, der in eine Zukunft führt, in der weibliche und männliche Qualitäten gleich wertvoll und wichtig sind.
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