Reflecting-Team Methode: So stärkst du deine eigene Lösungskompetenz

18 Mai 2021 | Persönliche Entwicklung

Du möchtest mit einer bestimmten Frage in deinem Alltag oder in deinem Business einen Schritt weiterkommen. In deinem Kopf dreht sich das Gedanken-Karussell hin und her. Mal sagst du aus tiefster Überzeugung „Ja“ zu einem bestimmten Weg und dann wieder versinkst du in tiefe Selbstzweifel. Eine Lösung für dein Problem scheint unerreichbar. Ich biete dir hier eine meiner Lieblings Methoden an, mit der du deine Fragen reflektieren kannst und garantiert einen Schritt in Richtung Lösung gehst. Es ist die Reflecting-Team-Methode, mit der du deine eigenen Lösungskompetenz stärkst. Du benötigst mindestens eine Person, die sich in diesem Prozess begleitet. Das kann eine Freundin, Kollegin oder auch ein Coach sein. Auch wenn die Methode gut zu zweit funktioniert und sehr intensiv sein kann, ist sie besonders gut in Gruppen geeignet.

Mach dich bereit für Veränderung mit der Reflecting-Team-Methode

Reflecting-Team ist eine Methode, mit der du deine Lösungskompetenz stärken kannst. Ursprünglich kommt diese Methode aus der systemischen Therapie: eine angeleitete Reflexion mit mehreren Therapeuten, die in einem Raum hinter einer Einwegscheibe sitzen – wie man dies aus Fernsehkrimis kennt – und den Therapieprozess und den Klienten beobachten. Die Rückmeldungen aus dem Team wird an den Therapeuten nach einer bestimmten Struktur weitergegeben. Das Konzept wurde zu Beginn der 1980er-Jahre von dem norwegischen Psychiater Tom Andersen entwickelt. Seither entstanden viele Varianten. Sie finden in Coachingprozessen ihre Anwendung und in der Kollegialen Beratung, Mentoringprogrammen oder beim Austausch zu Zweit.

Ein wesentlicher Aspekt dieser Methode liegt darin, Menschen darin zu unterstützen, sich selbst in ihrem inneren Dialog zu beobachten und diesen Rahmen des Settings für die Selbstreflexion bereitzustellen. Durch den Spiegel der Anderen und in einer achtsamen Atmosphäre kannst du dich quasi selbst beobachten und dir zuhören. Offen und Neugierig.

Die Reflecting-Team Methode ist ein einfaches Selbsthilfe-Tool

Es ist ein Austausch zwischen einem/er Begleiter:in und dir als ratsuchende Person – Hilfe zur Selbsthilfe. Seit ihr zu zweit, ist Begleiter:in gleichzeitig Beobachter:in und Feedbackgeber:in. Sind es mehr als zwei/drei Personen, wird das Gespräch zwischen dir und der Begleiterin von mehreren Beobachter:innen verfolgt. Sie sitzen mit dir im Raum, etwas abgewandt und geben dir später Feedback. Seit ihr beispielsweise in einem Zoom-Call und führt die Methode durch, eignet sich ebenso die Galerieansicht. Du sprichst dann zu allen gleichermaßen und bekommst von allen strukturiert Feedback. Es ist gut, dass ein/e Begleiter:in auf die Zeit achtet und beispielsweise früh genug sagt: “Du hast noch eine Minute”

So stärkst du deine Lösungskompetenz – eine Anleitung

Ich beschreibe dir hier eine Anleitung exemplarisch für einen einfachen Prozess in einer Gruppe nach der Reflecting-Team Methode. Du bist “Fallgeber:in”, alle anderen haben die gleiche begleitende Rolle. Zeitrahmen: eine halbe Stunde pro Fall. Wichtig ist es, sich vorher über die Regeln, die Struktur und den Zeitrahmen zu verständigen. Anfänglich braucht es etwas Übung, um die Schritte und die innere Haltung zu integrieren.

Schritt 1: Lass die Begleiter:innen dein Thema erforschen

Ihr sitzt gemeinsam im Kreis. Du stellst dein Anliegen vor, sprichst einfach frei und frisch von der Leber weg. Was ist deine Frage, was ist hinderlich, problematisch in der Situation, was wünscht du dir anders? Was sind deine Gedanken, Gefühle zu dem Thema? Folge deinen ersten Gedanken und drücke alles assoziativ aus.

Deine Begleiter:innen hören dir aufmerksam zu, machen sich ggf. Notizen. Es geht beim Zuhören darum, sich selbst von eigenen (vorschnellen) Gedanken, Bewertungen, Lösungsideen frei zu machen und sich achtsam in die Beschreibung des Fallgebers einzufühlen. Neugierig. Offen. Hier geht es nicht um eigene Tipps, Erfahrungen, Geschichten oder Vorschläge. Wie Forscher im fremden Land ergründen, erforschen, erhellen, verstehen die Begleiter:innen nach und nach deine Situation.

Schritt 2: Die Begleiter:innen refektieren gemeinsam ihre Wahrnehmung

Die Begleiter:innen wenden sich einander zu, bilden einen kleinen Kreis. So kann sich die Gruppe auf das Reflektieren konzentrieren. Du bist außerhalb des Kreises und hörst nur zu. Was haben die Begleiter:innen gehört, was wahrgenommen, welche Fragen stellen sie sich, was haben sie gesehen (Körpersprache)? Jeder Beitrag ist in dieser Runde wertvoll. Es wird nicht hin und her diskutiert oder das Gehörte bewertet in “finde ich gut/schlecht”, auch wird nicht auf einzelne Beiträge Bezug genommen. Alle Impulse stehen gleichrangig nebeneinander “im Raum”. Die Gruppe spricht quasi wohlwollend und wertschätzend über dich. Dabei ist es hilfreich, aus dem unmittelbaren Blickkontakt mit dir als Fallgeber:in herauszutreten.

Du als Fallgeber:in kannst in Ruhe alles wirken lassen – lauschen, zuhören, beobachten, die Atmosphäre im Raum und in dir wahrnehmen. Keine Rechtfertigung – möglichst auch nicht gedanklich. Offen und neugierig lauschen. Welche Wirkung entfaltet das Gehörte, wo im Körper landet es in dir? Du machst dir ggf. Notizen.

Schritt 3: Du vertiefst deinen Prozess und lauscht den Lösungsideen in dir

Im Anschluss wenden sich die Begleiter:innen dir wieder zu und schenken dir im Kreis Aufmerksamkeit für deine weitere Reflexion. Sie stellen dir Fragen wie: Was war neu für dich oder besonders wichtig? Was hast du vermisst? Gibt es etwas, was du zurechtrücken möchtest? Hier kann ein/e Begleiter:in diese Fragen an dich richten. Das Ziel ist, den Prozess mit den Fragen weiter zu vertiefen. Auch wirst du hier gefragt, ob sich aus den bisherigen Äußerungen Lösungsideen ergeben haben und in welche Richtung diese gehen.

Schritt 4: Der/die Begleiter:innen bieten dir Ideen für eine Lösung an

Nun tauschen sich die Begleiter:innen erneut im Kreis aus. Hier werden Lösungsgedanken, Ideen, Anregungen, Perspektiven geäußert. Alles in einer hypothetischen Note, mit einem gedanklichen Fragezeichen am Ende und im Bewusstsein, es sind Mutmaßungen, von denen der/die Begleiter:innen annehmen, dass es hilfreich für dich als Fallgeber:in sein könnte. Ein passender Satz könnte sein: „Wenn ich dir so zuhöre, dann könnte … ein lohnender Gedanke sein“, oder: „So, wie ich dich sonst erlebe, stelle ich mir vor, dass dir … gut tun könnte“

Als Fallgeber:in lässt du wieder alles auf dich wirken, machst dir Notizen.

Schritt 5: Du reflektierst welche lohnenden Ideen sich auftun

Alle kommen wieder zusammen in den gemeinsamen Kreis und hören dir nun aufmerksam zu: Was war neu, was ist für dich lohnend, was besonders, was möchtest du weiter mit in deine Überlegungen nehmen? Dabei entscheidest du ganz frei, was du mitteilen möchtest, was du annimmst und was du nicht beachten möchtest. Du kannst hier auch erste Schritte skizzieren, zu denen du dich verpflichten möchtest. Auch die Frage, was möchtest du nun mit deinen neuen Erkenntnissen gleich morgen am Liebsten tun, kann sehr verbindlich sein.

Schritt 6: Reflexion auf der Metaebene mit allen

Wenn die Zeit um ist, bedanken sich für die wertvolle Arbeit und die gemeinsame Unterstützung mit einem “Danke” oder einer einfachen Geste. Auf der Metaebene kann hier noch reflektiert werden, was der Prozess in jeder/m ausgelöst hat: “als ich deine Worte hörte, war ich sehr berührt” oder: “… kamen alte Schmerzerfahrungen hoch” oder: … “dieser Prozess erinnerte mich an frühere Konfliktsituationen” oder “… ich bin erleichtert, in dieser Runde einen großen Schritt weiterzukommen”.  Dabei wird nicht mehr inhaltlich über das Anliegen selbst gesprochen. Jede kann den Prozess mit einem Satz, einem Wort oder einer Geste für sich abschließen.

Fazit: Sich selbst beobachten heißt, sich selbst zu verändern

Ich wende diese Methode gern in Kurzcoachings an. Sie eignet sich allerdings ebenso wunderbar für die kollegiale Unterstützung in Gruppen. Es braucht dazu auch nicht zwingend einen Moderator:in, der/die in die Methode einführt, das macht es auch so attraktiv als Selbsthilfe-Tool.

Die Methode geht davon aus, dass Veränderung in einem freien kreativen Raum geschieht, in der die eigene Integrität gewahrt bleibt, in der du sein kannst, wie du bist. Es geht darum, ein großes Feld zu öffnen, das Anregungen, Fragen, Ideen und Impulse gleichermaßen einlädt. Es ist ein Setting, in dem sich gewohnte Muster, Urteile, Bewertungen in dir beruhigen werden und du deine üblichen Kontrollmechanismen etwas lockern kannst. Fernab von Richtig und Falsch sortieren sich deine Bedürfnisse, Gedanken, und Gefühle. Es entstehen neue, vielleicht zunächst ungewohnte Perspektiven, die spontan auftauchen oder weiter im inneren Dialog zur Lösung reifen. Das ist eine sehr wirksame Methode, um in wichtigen Fragen einen Schritt weiterzukommen und Lösungen zu entwickeln, die in dir selbst entstehen. Es ist viel mehr als ein Ratschlag unter Freunden. Es ist ein tiefer innerer Prozess, der dich mehr und mehr mit dir selbst verwurzelt. Und du kannst immer an diesen Ort zurückkehren und aus dieser Stärke schöpfen.

 

Möchtest du mehr über diese Methode erfahren? Dann lass uns ins Gespräch kommen!

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Michaela Arlinghaus
Bloggen – meine neue Leidenschaft

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