Stell dir vor, du stehst an einer Weggabelung. Vor dir erstrecken sich unzählige Pfade, die dich ins Unbekannte führen. Jeder Weg birgt Chancen, Herausforderungen und Überraschungen.
Wie entscheidest du dich? Hörst du auf dein Bauchgefühl, lässt dich von deiner Intuition leiten? Oder versuchst du rational die Risiken abzuwägen?
Täglich entscheiden wir große und kleine Dinge, die den Kurs unseres Lebens bestimmen. Entscheidungen sind dabei Ausdruck unserer Werte, Überzeugungen und ein Akt unseres freien Willens. Die Kraft der Entscheidungen liegt darin, dass wir uns ermächtigen, unser Leben und unsere Zukunft zu gestalten und das volle Potenzial unseres Wesenskerns ausschöpfen.
Trotz dieser Kraft, die Entscheidungen für uns entfalten können und ihrer unausweichlichen Präsenz im Leben, fällt es uns manchmal schwer, Entscheidungen zu treffen. Die quälende Frage „Was soll ich tun?“ kann verunsichern und Zweifel, Grübeln, Ängste auslösen. Manchmal führt es dazu, dass wir aufhören, eigene Entscheidungen zu treffen und damit anderen überlassen, über unser Leben zu bestimmen.
In diesem Blogbeitrag schreibe ich darüber, was uns hindern kann kluge Entscheidungen zu treffen und wie wir es uns leichter machen können. Abseits von Pro-und-Contra-Listen, Setzen von Prioritäten und Fristen sowie Tipps, Tricks und Tools schaue ich dabei mehr auf Reflexion, Intuition, Selbsterkenntnis, Umgang mit Unsicherheiten und die Bereitschaft, neue Erfahrungen in unser Leben zu lassen.
Entscheidungen – Begriffseingrenzung
Eine Entscheidung ist ein Prozess, indem ich bewusst eine Wahl treffe zwischen zwei oder mehr Alternativen und diese sichtbar in eine aktive Handlung umsetze. Mit einer Entscheidung bin ich bereit, die Konsequenzen zu tragen, die durch die Entscheidung erfolgen und Verantwortung dafür zu übernehmen. Wenn ich nicht entscheide, treffe ich ebenso eine Wahl und auch dafür bin ich selbst verantwortlich.
Entscheidungen geschehen manchmal schnell, fast automatisch, tausendfach und unbewusst im Alltag oder können schwerwiegend, lebensverändernd und ein langer Prozess sein. Sie basieren auf rationalen Überlegungen, Intuition, Erfahrungen, Werten, Bedürfnissen und Zielen. Unsere Entscheidungen können Einfluss haben auf uns selbst und andere, aber auch auf Organisationen und die Gesellschaft.
Die Phase der Entscheidungsfindung wird von vielen Menschen als besonders schwierig empfunden: Das Sammeln aller Aspekte, das Abwägen der Vor- und Nachteile und das Nachvollziehen der Konsequenzen bis zur Entscheidung für eine bestimmte Option erscheint mitunter belastend und qualvoll.
Diese Phase kann anstrengend sein, wenn unterschiedliche Bedürfnisse oder Werte in uns im Widerstreit stehen. Wir haben Angst, Fehler zu machen, etwas Wertvolles zu verlieren oder dass unsere Wahl niemals rückgängig zu machen sei. Es fällt uns schwer, die Konsequenzen für die Entscheidung zu tragen, zumal wir letztlich nicht kontrollieren können, was die Entscheidung für uns bereithält, wohin der Weg uns führen wird. Diese Ambivalenz und die Unsicherheit führt zu Stress, Spannung und Druck und zögert unsere Entscheidung hinaus.
Von meinem Unvermögen, Entscheidungen zu treffen
Ein Grund, warum ich diesen Blogbeitrag schreibe, ist, dass ich mich mal wieder damit auseinandersetze, warum mir Entscheidungen mitunter schwerfallen. Ich grüble über diesen und jenen Weg nach, mache mir Sorgen über die Konsequenzen meiner Entscheidungen und habe Angst, das falsche zu entscheiden.
Am Ende hat es in meinem Leben häufiger dazu geführt, dass ich Entscheidungen hinausschiebe oder andere schneller sind. Oder Fehlentscheidungen treffe, weil ich besonders schnell sein und die Herausforderung vom Tisch haben will. Oder ich entscheide emotional, was das Problem nur verschlimmert hat. Mit den Jahren gelingt es mir leichter, die Kraft der Entscheidungen zu nutzen. Das erforderte viele Jahre innere Arbeit und Reflexion und ist immer noch ein Prozess. In manchen Situationen dauert es allerdings immer noch lange, eine Entscheidung zu treffen. Manchmal zu lange.
Gründe, die unsere Entscheidungsfindung beeinflussen können
Menschen sind individuell, mit ihren unterschiedlichen Erfahrungen, Prägungen, Traumata und Persönlichkeiten. Es kann ganz unterschiedliche Gründe geben, warum sich Menschen schwertun, Entscheidungen zu treffen. Einige mögliche Gründe liste ich hier auf.
Stress, Überlastung, emotionale Dysbalance
Es gibt zu viel von allem. Angebote, Optionen, Möglichkeiten, Reize. Menschen können überflutet werden, verwirrt sein und das führt zu mehr Stress und erschwert Entscheidungen. Manchmal können auch Aufgaben, Anforderungen im Alltag so überfordernd sein, dass jede weitere Entscheidungsnotwendigkeit als Bedrohung gesehen wird. In instabilen Lebenssituationen können starke Emotionen überwältigend erscheinen und Entscheidungen herbeiführen, die uns eher schaden. Ein Mangel an angemessenen Bewältigungsstrategien verstärkt die Situation.
Angst vor Fehlern, Ablehnung, Veränderung, Verlust
Die Angst vor negativen Konsequenzen führt manchmal dazu, dass wir lieber gar nicht entscheiden. Wir halten Entscheidungen zurück, aus Angst vor den Bewertungen und Urteilen anderer. Auch bringen Entscheidungen Veränderungen mit sich, im Lebensstil, in Beziehungen, im beruflichen Umfeld. Und die Angst, vor dem, was kommt, die Unsicherheit, die Furcht vor den Herausforderungen, lassen uns zweifeln, zögern, zaudern.
Perfektionismus und Kontrollbedürfnis
Manche Menschen stellen hohe und teils unrealistische Anforderungen an sich selbst. Sie möchten die beste mögliche Wahl und die perfekte Entscheidung treffen. Ein endloses Grübeln und Abwägen aller Risiken. Sie möchten bis ins Kleinste die Konsequenzen ihrer Entscheidung kontrollieren. Mitunter fällt die Entscheidung zugunsten des „sicheren“ Weges und versperrt den Weg zu mutigen Entscheidungen, die zunächst Unsicherheit bringen, aber langfristig zu mehr Zufriedenheit führen könnten. Oder wir bewerten übermäßig Details und kleinste Facetten der Entscheidung, um der Illusion von Kontrolle gerecht zu werden, was auch wieder dazu führen kann, dass wir Entscheidungen hinauszögern oder eine Entscheidung treffen, die am Ende ein fauler Kompromiss ist.
Unsicherheit über die eigene Identität
Es fehlt der Zugang und die Verbindung zu den eigenen Werten, Bedürfnissen, Gefühlen und Wünschen. Mit dieser fehlenden Sicherheit drehen wir uns im Kreis und zögern Entscheidungen hinaus. Manchmal führt es aber auch dazu, dass wir entscheiden und uns danach martern mit der Frage, ob dies richtig oder falsch war. Es kann auch sein, dass wir in unserer Unsicherheit, an unserem eigenen Urteilsvermögen zweifeln oder uns als unfähig, unwürdig wahrnehmen und uns deshalb nicht erlauben, positive Entscheidungen zu treffen, die unser Leben verbessern könnten. Ein Teufelskreis für unser Selbstwertgefühl.
Wie können Entscheidungen leichter gelingen?
Mein Kopf weiß bereits, dass es wichtig für mich ist, Entscheidungen zu treffen. Die Kraft der Entscheidungen macht mich zur Gestalterin, zu Schöpferin meines Lebens. Entscheiden heißt Wachsen. Mit klaren und kraftvollen Entscheidungen entfalte ich mein tiefes Potenzial und bewältige aktiv Herausforderungen des Lebens. Entscheidungskompetenz lässt mich selbstwirksam sein und stärkt mein Selbstbewusstsein. Ich weite meinen Blickwinkel auf die Welt, bin meinen Werten und Zielen treu und lebe eine entspannte Gelassenheit, die meine Energien in eine positive Lebensgestaltung fließen lässt.
Das hört sich wunderbar an, oder?
Leider können wir Menschen in diesem Punkt noch viel lernen. Ich kenne sehr viele Menschen, auch aus meinen Seminaren und Coachings, die sich schwertun, Entscheidungen zu treffen. Und wieder sind es insbesondere die Frauen, die viel zu lange über etwas brüten und grübeln und am Ende vielleicht gar nicht entscheiden.
Wenn ich zu diesem Thema recherchiere, sehe ich oft Tools und Tricks, die mir versprechen wollen, mit ihnen würde ich schneller klare Entscheidungen treffen können. Auch Studien und Experimente befassten sich mit der Thematik und geben ihre Empfehlungen dazu.
Eine kleine Auswahl an Empfehlungen aus meiner Recherche
- Pro-und-Contra-Listen, Entscheidungsmatrix erstellen
- Richtlinien, Prinzipien, Rangfolgen entwickeln
- Entscheidungsfristen setzen
- Alternativen und Informationen sammeln
- Expertenwissen als Rat nutzen
- Entscheidungsfragen präzisieren
- Prioritäten für kurz- und langfristige Ziele setzen
Mich lassen diese Hinweise oft hilflos zurück. Ich suche eher nach Ursachen und nachhaltigen Verbesserungen für die persönliche Entwicklung. Ich bin überzeugt: Für Menschen, die wirklich unter ihren Entscheidungsschwierigkeiten leiden, bleiben diese Methoden oft an der Oberfläche und verstärken nur den Frust.
Was kann also wirklich helfen? Ich möchte dir hier einige Empfehlungen geben, die aus meiner eigenen Erfahrung und aus meiner Expertise als Coachin, eine wichtige Basis sein können, um näher an die Kraft der Entscheidungen zu gelangen.
Wertebewusstsein entwickeln
Was sind deine Werte und wie haben sie sich verändert im Laufe deines Lebens? Was ist dir wirklich wichtig? Je besser du deine Werte kennst und für dich als Kompass in deinem Leben nutzt, desto leichter weißt du, was du brauchst. Steht eine Option mit deinen Werten in Einklang, fällt die Entscheidung oft leichter, weil deine Wahl ein tiefes persönliches Bedürfnis erfüllt. Bist du in einem inneren Wertekonflikt, weil sich zwei für dich wichtige Werte scheinbar widersprechen, könnte das für dein Aufschieben von Entscheidungen verantwortlich sein. Der Schlüssel liegt darin, die Bedeutung der beiden Werte zu erforschen. Hier erfährst du, wie du deinen Werten auf die Spur kommst.
Selbstbewusstsein aufbauen, Selbstwert stabilisieren
Alte Glaubenssätze wie „Ich kann das nicht“, „ich bin zu schwach, zu …“, „das passiert nur mir und immer wieder“ u.a. können sehr fest sitzen und unsere Entwicklung blockieren. Da nützt es auch nichts, wenn jemand anders uns Komplimente macht oder unsere Stärken benennt. Wir glauben dem anderen nicht. Es kann hilfreich sein, die Dinge, die uns gut gelingen, zunächst zu bemerken. Ein schönes Bild liegt in der Vorstellung, das „Licht anzuknipsen“, die Situation ausleuchten, zu benennen und zu spüren, ob dazu in mir ein „Ja, das bin ich“ oder „Ja, das kann ich“ entsteht. Ich kreiere neue Geschichten darüber, wer und was ich bin. Schreibe diese Dinge auf!
Intuition stärken und mehr darauf vertrauen
Lerne mehr und mehr auf dein Bauchgefühl zu hören. Intuition ist Erfahrung und Wissen aus dem Unterbewusstsein. Gerade in komplexen Entscheidungen ist das von Vorteil. Wir weiten den Blick über die rationalen Überlegungen hinaus. Wir verlassen uns mehr auf unsere innere Weisheit, die die Antwort bereits kennt. Diese inneren Stimmen benötigen keine Fakten, Beweise oder Gründe für eine bestimmte Entscheidung. Wenn wir unserer Intuition mehr vertrauen, stärken wir auch unseren inneren unversehrten Ort; an diesem Ort sind wir stark, wissend, mutig und treffen kraftvolle Entscheidungen.
Die Freude suchen, statt den Schmerz zu vermeiden
„Mir geht es nicht gut, ich muss etwas ändern, damit es besser wird“, hier leiden wir und möchten das ändern. Der Job gefällt uns nicht mehr, die Beziehung langweilt uns, wir haben Schlafstörungen, unser Herz rast. Dieser zeigt uns, dass wir schon zu lange in der Situation ausharren und versäumt haben, die Verantwortung für unser Wohlergehen zu tragen. Oft suchen wir Sicherheit und haben Angst vor den Konsequenzen der Entscheidung. Und es kostet unglaublich viel Energie, an dieser Stelle etwas zu verändern. Viel leichter ist es, danach zu suchen und zu streben, was mir Freude schenkt, wo meine Neugierde geweckt ist, was Sinn schafft und Leichtigkeit beschert. Forsche danach, schreib es auf. Eine Entscheidung lässt sich leichter fällen, wenn Neugierde und Freude in mir erwacht.
Emotionen regulieren, Gefühle fühlen
Emotionale Aktivierungen beeinträchtigen deine Fähigkeit, kluge Entscheidungen zu treffen. Schwerwiegende Entscheidungen können viel inneren Stress auslösen und alte Verhaltensmuster reaktivieren. Es ist wichtig, dass du dich in aufwühlenden Situationen beruhigst und dann den verschiedenen Gefühlen Raum gibst. Frage dich, was du brauchst, identifiziere Auslöser und entwickle Strategien, die dir helfen, deine Emotionen zu regulieren. Ein schwieriger Schritt ist dabei, anzuerkennen, dass du emotional reagierst und dass alte Muster sowie Ängste es dir schwermachen, für dich kluge Entscheidungen zu treffen. Nimm dir Zeit zu reflektieren und stelle die Frage nach dem „Warum“. Das führt in einem ersten Schritt zu einem besseren Verständnis über dich selbst.
Perspektive wechseln – Blick in die Zukunft
Nimm dir Zeit immer mal wieder zu reflektieren: Was möchte ich, was ist mir wichtig, wo möchte ich hin, wonach sehne ich mich, worauf bin ich neugierig? Welche Bedürfnisse habe ich und was brauche ich, um sie mir zu erfüllen? Und wie fühlt sich dieses Erfüllt sein an? Betrachte dabei nicht nur die Gefühle von Freude und Sehnsucht. Nimm mögliche Hindernisse in den Blick und die Frage, wie fühlt sich das dann an. So bist du gewappnet, wenn die Dinge mal nicht so laufen, wie gewünscht. Der Blick in die Zukunft hilft dir auch bei deinen Entscheidungen, indem du dir die verschiedenen Optionen vorstellst und nach den Auswirkungen fragst – in 10 Minuten, 10 Monate oder 10 Jahren. Diese Methode gibt dir auch Aufschluss darüber, ob du kurzfristig dem Lustgewinn hinterherjagst oder ob diese Entscheidung langfristig gut für dich ist. Du kannst dich bei deinen Entscheidungen auch fragen, wenn ich auf dem Sterbebett liege, würde ich diese Entscheidung bereuen?
Liebe Michaela,
Du „hattest“ mich beim Kapitel mit den Werten.
Danke für diesen hilfreichen Artikel und danke dafür, dass Du tiefer gehst als die meisten „Höher-Besser-Weiter“-Empfehlungen.
Nach Deiner Entscheidungshilfe war auf einmal alles klar und logisch.
Erleichterte Grüße,
Sabine
Liebe Sabine, hab vielen Dank für deine Rückmeldung. Lange dachte ich übrigens, ich könne ja über dieses Thema ja gar nicht schreiben, weil ich selbst damit struggle. Aber es ist genau diese tiefe und lange Auseinandersetzung in mir /in uns, die mich/uns zu Expertinnen genau für das Thema macht. Und ich kann mich gut erinnern, wie ich gefrustet war, wenn so Tipps kamen wie „Mach doch einfach eine Pro-und-Contra-Liste“.
Bei den Werten lag der Schlüssel für mich tatsächlich in den inneren Wertekonflikten und der Frage, welche Bedeutung haben sie und welche Bedürfnisse erfülle ich mir dadurch.
Ich freue mich, dass dich mein Beitrag erreicht.
Liebe Grüße
Michaela