Fachkräfte gewinnen: Mit diesen Maßnahmen können kleine soziale Einrichtungen punkten

28 Mrz 2024 | Arbeitgebermarke

In letzter Zeit begegnen mir zunehmend kleinere soziale Einrichtungen mit interessanten Gegenargumenten, wenn ich ihnen vom Nutzen und den Chancen einer starken Arbeitgebermarke erzähle, um Fachkräfte zu gewinnen:

  • „Wir sind nur eine kleine Einrichtung, das können wir uns gar nicht leisten.“
  • „Da muss erst mal die Politik wichtige Entscheidungen treffen.“
  • „Das Bistum (oder Träger oder Verband) hat uns Unterstützung zugesichert.“
  • „Es gibt keine Fachkräfte, wir fischen alle in einem Teich.“
  • „Wir befinden uns aktuell in einer Krise und haben keine Zeit und keine Ressourcen, einen umfänglichen Prozess anzusteuern.“

Die Argumente kann ich alle nachvollziehen. Nur, während Kitas, ambulante Pflegedienste und andere soziale Dienste darauf warten, dass die Politik, der Träger, der Verband endlich die Verantwortung übernehmen, mehr Mittel zur Verfügung stellen, gesellschaftliche Anerkennung stärken, Rahmenbedingungen verbessern, beraten und unterstützen, geht wertvolle Zeit verloren. 

Zeit, in denen Fachkräfte kündigen, Personalmangel zu Schließungen führt, das bleibende Team überlastet ist, Eltern Brandbriefe an die Kommunen schreiben, schwerstpflegebedürftige Menschen nicht mehr angenommen werden, weil das Team zu überlastet ist.

Auf diese Weise fährt das ganze System mehr und mehr vor die Wand. Wenn das Problem aber strukturell und im System liegt, wie sollen dann erst recht kleinere Einrichtungen wirksame Maßnahmen entwickeln, um Fachkräfte zu finden und zu binden?

Ohne die kleinste Anstrengung wird es nicht funktionieren, das ist wahr. Und es ist sicher nicht umsonst. Einrichtungen müssen allerdings nicht gleich einen langen und kostenintensiven Employer Branding Prozess durchführen. Ich bin davon überzeugt, dass auch Einrichtungen mit 40, 60 oder 100 Mitarbeit*innen durch kleine Maßnahmen einen Unterschied machen können.

In diesem Blogbeitrag nenne wichtige Aspekte und Maßnahmen, mit denen Einrichtungen sich von ihren Wettbewerbern abheben, um Fachkräfte uu gewinnen und zu binden.

Den Blickwinkel ändern – vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt

Die Zeiten sind endgültig vorbei, in denen Einrichtungen Stapel von Bewerbungen sichten, eine große Anzahl von Bewerbungsgespräche führen und ihre Mitarbeiter*innen froh sind, endlich einen Job ergattert zu haben. Arbeitgeber müssen sich heute den Bewerber*innen gegenüber gut darstellen und zeigen, warum sie ihren warmen Arbeitsplatz verlassen sollten, um ausgerechnet bei ihnen zu arbeiten.

Vor dem Fachkräftemangel nannte sich das ganze „Öffentlichkeitsarbeit“: Die Einrichtungen entwickelten Maßnahmen, um ein positives Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit zu steuern und zu verbessern, um Vertrauen aufzubauen. Das Ziel war es, die eigenen Angebote und ein bestimmtes Image bekannt zu machen.

Nicht viel anders ist es heute. Da sich der Arbeitsmarkt zugunsten der Arbeitnehmer entwickelt hat, stehen die Einrichtungen mit anderen Anbietern im Wettbewerb um Fachkräfte. Das Ziel ist jetzt, Arbeitgeber mit ihren Vorteilen in den Fokus zu rücken und eine starke Arbeitgebermarke aufzubauen.

Es ist also vor allem eine Haltung, in den Köpfen der Verantwortlichen bei Thema Personal, die sich ändern sollte. Das erfordert Mut, Selbstreflexion, Fehlerbereitschaft. Das oberste Gebot ist dabei Authentizität.

Tipp: Machen Sie sich vertraut mit dem Thema Recruiting

Neue Trends entwickeln sich rasant weiter. Was vor zwei Jahren noch Erfolg versprach, ist heute schon wieder überholt. Begriffe wie Active Sourcing, Candidate Experience, Google-Jobs, Landingpage, Onbording, Recruitainment erkläre ich Ihnen in meim Glossar zum Thema.

Das Besondere der sozialen Einrichtung herausarbeiten, um Fachkräfte zu gewinnen

Was nützt die gute wertvolle Arbeit, der Dienst am Nächsten, wenn sie nicht sichtbar ist. Und zwar sowohl innerhalb der Einrichtung als auch nach außen. Im ersten Schritt gilt es, den Istzustand zu analysieren. Fragen stellen, Informationen sammeln und sich einen Überblick über Bedarfe, Ressourcen und Ziele verschaffen.

Einrichtungen befragen ihre Bezugsgruppen. Innerhalb der Einrichtung: Eltern, Angehörige, Kooperationspartner*innen, Bewohner*innen, Klient*innen, Mitarbeiter*innen. Außerhalb der Einrichtung: potenzielle Fachkräfte, Kolleg*innen anderer Träger, Presseberichte, Kooperationspartner*innen. Dabei werden Meinungen und Sichtweisen aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet.

Es ist nicht nötig, dass soziale Einrichtungen wie Kitas oder Pflegedienste eine aufwendige Organisationsanalyse durchführen. Aber sie sollten die eigene Sicht auf die Einrichtung prüfen.

Als roter Faden können diese Fragen im Mittelpunkt stehen:

  • Wie werden wir als Arbeitgeber wahrgenommen?
  • Was ist das Besondere in unserer Einrichtung?
  • Wie zufrieden sind unsere Mitarbeiter*innen?
  • Welche Werte haben wir und wie leben wir diese im Arbeitsalltag?
  • Was machen andere anders, besser als wir?
  • Wer arbeitet (gern) bei uns und warum?
  • Wen suchen wir, wer fehlt uns in der Personalstruktur?
  • Welche Bewerbergruppen haben wir noch nicht im Blick?

Tipp: Starten Sie mit einer anonymen Mitarbeiter*innen-Befragung.

Denn: Die Basis für eine starke Arbeitgebermarke ist der*die zufriedene Mitarbeiter*in und eine positive Arbeitsatmosphäre, in der er*sie sich stark mit der Einrichtung verbunden fühlt. Daraus ergeben sich Attraktivitätsfaktoren, mit denen beispielsweise Kitas oder Pflegedienste auf sich aufmerksam machen können. Mögliche kritische Rückmeldungen sind dabei wertvolle Hinweise auf Veränderungspotenzial.

Bedürfnisse von Bewerber*innen ermitteln und ernst nehmen

Wenn Einrichtungen wissen, wen sie suchen, wer zu ihnen passt, ist es Zeit zu fragen, wie der*die ideale Kandidat*in tickt. Was sind seine*ihre Erwartungen, Bedürfnissen, Vorlieben, Gewohnheiten, welche Informationskanäle und Medien er*sie nutzt?

Generation Z im Spannungsfeld zu den Babyboomern

Insbesondere die jüngere Generation ist gut ausgebildet, digital affin und sozial vernetzt. Sie wünscht sich Sinn statt Status, Glück statt Geld. Freizeit und Familien haben einen hohen Stellenwert, die berufliche Laufbahn verläuft nicht mehr linear, sondern verändert sich stetig. Diese Generation sucht interessante Aufgaben, will gestalten und auf Augenhöhe ernst genommen werden. Der eigene Lebensplan steht häufig über den Zielen der Organisation.

Dem gegenüber stehen die Babyboomer, leistungs- und statusorientiert, wenig technikaffin und eher unflexibel in puncto Veränderungen. Diese Generation definiert sich über den beruflichen Erfolg, verbleibt lange in der Einrichtung und ist stark an den Arbeitgeber gebunden.

Dieses Spannungsfeld führt leicht zu unrealistischen Erwartungen an die Kandidat*innen. Auch ist es hilfreich, die bisherigen Auswahlkriterien zu überprüfen. Die Anforderung, umfängliche Bewerbungsunterlagen per Post oder Mail zu senden, lässt junge Bewerber*innen ebenso abspringen, wie lange Antwortzeiten oder nichtssagende Aussagen auf der Webseite. Und während Personaler, Geschäftsführer*innen und Leitungen sich noch an den zwei Rechtsschreibfeldern im Anschreiben stoßen, scharren Bewerber*innen bereits mit den Hufen und wollen ihre Wünsche nach Work-Life-Balance und flexiblen Arbeitszeiten loswerden.

Tipp: Jede Bewerbergruppe benötigt eine zielgruppenspezifische Ansprache.

Statt gebetsmühlenartig alles Mögliche zu versprechen und Vorteile zu listen, egal, um welche Stelle es sich handelt, ist wenig glaubwürdig. Nehmen Sie den*die Bewerber*in genau in den Blick: Welche Bedürfnisse, Interessen und Vorlieben hat er*sie und in welcher Lebenssituation steckt er aktuell? Das kann bei Quereinsteiger*innen, Berufsanfänger*innen und Mütter sehr unterschiedlich sein. Darauf müssen Sie Antworten parat haben.

Hürden für Bewerber*innen abbauen und vom Erstkontakt bis zu Einstellung eng begleiten

Um Menschen heutzutage zu gewinnen, braucht es moderne Recruiting-Instrumente und Maßnahmen, mit denen Arbeitgeber*innen interessierte Bewerber*innen neugierig machen, unterhalten, zur Bewerbung motiviert und überzeugen, die Stelle später auch anzutreten.

All diese Instrumente nutzen allerdings wenig, wenn der Kontakt behäbig, schwierig und steif ist. Eine Kontaktaufnahme kostet Bewerber*innen Überwindung und sie wünschen sich eine kontinuierliche, einfach und persönliche Kommunikation und Begleitung.

Es gilt, Bewerber*innen aus der Passivität locken durch

  • unkomplizierte Kontaktaufnahme,
  • lockere und unterhaltsame Kennenlern-Events,
  • schnelle Bewerbung ohne Anschreiben,
  • Bewerbungen oder Kontakt per Messenger
  • kontinuierliche und verbindliche Begleitung im Bewerberprozess,
  • aktive Ansprache von Seiten des Arbeitgebers, und
  • aussagekräftige Informationen.

Wenn Bewerber*innen den ersten Kontakt aufnehmen, ist es sehr wichtig, schnell zu reagieren und konstant den Kontakt zu halten, damit über verschiedene Zwischenschritte Bindung entsteht. Denn die Zeit bis zur 1. Tag der neuen Stelle ist lang und Bewerber*innen können jederzeit abspringen oder die Stelle am Ende doch nicht antreten.

Tipp: Überprüfen und reflektieren Sie den Verlauf des Bewerbungsprozesses.

Vom Erstkontakt bis zum Dienstantritt. Was könnte es bei Ihnen in der Einrichtung sein, dass den Bewerber davon abhält, sich zu bewerben oder auch bei Ihnen letztlich den Dienst anzutreten? Wo klappt es gut, wo hakt es? Versuchen Sie innerhalb von Werktagen innerhalb von 24 Stunden zu reagieren und setzen Sie bis zur Vertragsunterzeichnung mindestens drei sogenannte Touchpoints durch niederschwellige, persönliche und digitale Kontakte. Hier einige Anregungen.

Was kleinere Einrichtungen sonst noch tun können, um Fachkräfte zu gewinnen

  • Webseite mit Mehrwert – Die Informationen auf der Webseite sind aktuell, strukturiert, unterhaltsam und schnell zu finden.

Tipp: Ergänzen Sie einen Menüpunkt „Karriere“ und füllen Sie ihn mit den wichtigsten Benefits, nennen konkrete Ansprechpartner*innen und ermöglichen Sie eine Online-Bewerbung.  Warum eine Karriereseite für soziale Einrichtungen sinnvoll ist und welche Elemente dabei auf keinen Fall fehlen sollten, lesen Sie her.

  • Aussagekräftige Stellenanzeigen – Die ausgeschriebene Stelle stellt die wichtigsten und einzigartigen Vorteile in den Vordergrund, nennt konkrete Ansprechpartner*innen und endet mit einer Call-to-Action. Welche Aspekte dabei wichtig sind, lesen Sie hier.

Tipp: Halten Sie Ihre Stellenangebote unbedingt aktuell. Wandeln Sie jede PDF-Stellenanzeige in eine eigene Webunterseite um, damit sie auch bei Google gelistet wird. Auch wenn Sie permanent Personal suchen, ist es dennoch hilfreich Abwechslung in Ihre Stellenbörse zu bringen, damit Leser immer mal wieder vorbeischauen und Suchmaschinen aktiv für Sie arbeiten.

  • Aufbau einer eigenen Community – Die Einrichtung ist in den sozialen Medien nicht nur vertreten, sondern erzählt authentisch Geschichten aus dem Einrichtungsalltag und pflegt mit ihren Usern in einen lockeren Dialog.

Tipp: Fangen Sie mit einem Kanal an, bilden Sie ein Team aus der Mitarbeiter*inneschaft und lernen Sie aus Ihren Erfahrungen und Fehlern. Für soziale Einrichtungen ist Instagram ein Kanal, der jünger Menschen anspricht (neben TikTok) und inszwischen auch Menschen der älteren Generation. Auch die Recruting-Agenturen schalten dort Anzeigen, von denen Sie lernen können. Nicht alles muss neu erfunden werden!

Fazit: Zufriedene Fachkräfte werden zu Botschafter für die sozialen Einrichtungen

Mit den genannten Maßnahmen rennen Bewerber*innen sicher nicht die Türen von Pflegediensten, Kitas und anderen sozialen Einrichtungen ein. Allerdings stärken Arbeitgeber konstant und kontinuierlich ihre Arbeitgebermarke. Zeigen sich transparent, glaubwürdig und innovativ. Die Einrichtungen öffnen sich für einen Wandel, der nicht aufzuhalten ist, orientieren sich an neuen Trends, probieren Tools und Anwendungen aus und wachsen und lernen. Mit diesen kleinen Stellschrauben beginnt ein stetiger Prozess, der nicht nur die eigenen Mitarbeiter*innen auf Dauer zufriedener macht, sondern auch dafür sorgt, dass sie es weitererzählen und neue Kolleg*inne anziehen. Außerdem erhöht es die Reichweite und zieht auch Bewerber*innen an, die nicht aktiv auf der Suche sind, sondern aufmerksam werden und vielleicht den ersten Schritt in Ihre Richtung machen.

Das hört sich spannend an, doch wissen Sie so recht nicht, was konkret Sie in Ihrer Einrichtung am ehesten umsetzen sollen? Lassen Sie uns ins Gespräch kommen und erzählen Sie mir mehr von Ihren Ideen und besonderen Anforderungen.

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Michaela Arlinghaus
Bloggen – meine neue Leidenschaft

In diesem Blog findest du wöchentlich neue Themen aus meinem beruflichen Alltag.

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