Warum Recruiter-Agenturen (allein) kein Allheilmittel sind

29 Nov 2023 | Arbeitgebermarke

Pflegemitarbeiter*innen, Erzieher*innen, Krankenpfleger*innen werden in den sozialen Medien gerade überrannt mit Jobangeboten. Egal ob sich Fach- und Ergänzungskräfte umschauen, weil sie in ihrem Job unzufrieden, auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber oder, latent wechselwillig, sich einfach mal orientieren möchten. In kurzer Zeit generiert der Algorithmus in unzähligen Anzeigen, was der regionale Markt für die Suchenden hergibt.

Die Arbeitgeber preisen in Anzeigen ihre Benefits an, zeigen professionelle Fotos und Videos, machen konkrete Gehaltsangaben und versprechen eine Online-Bewerbung ohne Anschreiben in drei Minuten. Klingt alles sehr verlockend, oder? Nur entscheiden können sich die Bewerber*innen nicht. Weil alles gleichermaßen schön und bunt ist? Ja, genau das ist es!

In früheren Zeiten veröffentlichten Arbeitgeber nichtssagende Stellenanzeigen, die sich vom Inhalt kaum von anderen Jobanbietern unterschieden. Da fiel die Wahl schwer, weil alles gleich klang. Heute im digitalen Zeitalter sind die Anzeigeninhalte professionell designt, technisch ausgefeilt und multimedial in Szene gesetzt. Nur, alle anderen machen es inzwischen genauso. Der*die Interessierte hat wieder kein wirkliches Unterscheidungskriterium.

Und das ist nicht nur ein Problem für potenzielle Bewerber*innen.

Soziale Unternehmen investieren in ihrer Not viel Geld und beauftragen Recruiting-Agenturen, um neue Mitarbeiter*innen zu finden. Meist handelt es sich um zeitlich befristete Verträge, kombiniert mit Anzeigen in den sozialen Medien. Oder die Arbeitgeber binden sich langfristig über Abo-Verfahren mit Baukastensystem. Aber wie geht es weiter, wenn die Agentur ihre Dienste beendet hat?

In diesem Blogbeitrag schreibe ich darüber, warum Recruiter-Agenturen allein kein Allheilmittel für die sozialen Einrichtungen sind und skizziere, was stattdessen langfristig und nachhaltig erfolgreich ist.

Fokus auf Arbeitgebermarke fehlt

Die Anbieter, die mit designten Landingpages Anzeigen in den sozialen Medien schalten, konzentrieren sich in der Regel darauf, offene Stellen zu besetzen. Eine langfristige Positionierung der Einrichtung als attraktiver Arbeitgeber bleibt oft unberücksichtigt.

Eine starke Arbeitgebermarke ist jedoch entscheidend, um langfristig Mitarbeiter*innen zu binden und zu finden. Das erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der Authentizität, klare Kommunikation von Werten, Betonung positiver Arbeitskultur und die Darstellung von Entwicklungsmöglichkeiten umfasst. Wenn eine soziale Einrichtung es schafft, sich als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren, wird sie nicht nur Fachkräfte anziehen, sondern auch eine Gemeinschaft von engagierten Mitarbeiter*innen formen, die gemeinsam die Mission der Einrichtung voranbringen.

Hier ein Beispiel einer Alteneinrichtung beim Aufbau einer Arbeitgebermarke.

Tipp: Stärkung der Arbeitgebermarke. In einem strategischen und nachhaltigen Prozess stellen soziale Einrichtungen ihre Einzigartigkeit als Arbeitgeber heraus, um talentierte Mitarbeiter anzuziehen, zu binden und zu motivieren. Die eigenen Mitarbeiter*innen wirken als Botschafter für die Unternehmen, ziehen nicht nur neue Fachkräfte an, sondern stärken langfristig den Erfolg der Organisation.

Der Gesamteindruck der Außen-Kommunikation ist oft nicht stimmig

Oft passen die schillernden Social-Media-Anzeigen nicht zum Außenauftritt der Organisation. Bevor sich Interessierte tatsächlich ins Bewerber*innen-Formular eintragen, schauen sie sich mitunter die Webseite an. Dort findet der*die Leser*in veraltete Inhalte mit den üblichen Textwüsten ohne Bilder vor oder sieht lediglich eine Liste mit Stellengesuchen, die wiederum nichtssagende Inhalte aufweisen. Zudem fehlen oft konkrete Ansprechpartner*innen, die einen auf dem Foto anlächeln, ihre Kontaktdaten preisgeben und jederzeit Fragen der Bewerber*innen beantworten.

Fehlt es an Wiedererkennung im konsistenten Außenauftritt, wenden sich Menschen irritiert ab und erzählen dies eventuell weiter. Für einen ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance.

Tipp: Aufbau einer Karriereseite. Es ist unbedingt erforderlich, dass die Webseite mindestens einen Menüpunkt „Karriere“ aufweist, in denen ansprechende Inhalte den*die Leser einladen, neugierig machen und zum Verweilen motivieren. Stellenanzeigen sollten aussagekräftig und zeitgemäß formuliert sein. Zudem sind konkrete Ansprechpartner*innen wichtig und ein Online-Formular für die Bewerbung. Wie eine zeitgemäße Karriereseite heute aussieht, erfahren Sie hier.

Verlust an Glaubwürdigkeit durch sich widersprechende Botschaften

Nicht selten kommt es vor, dass die attraktiven Benefits, die in der Online-Anzeige mit zeitgemäßem Icon-Design daherkommen, nicht glaubwürdig sind. Wenn im Gegensatz beispielsweise im Netz negative Bewertungen auf Google, kritische Kommentare unter Posts oder ein schlechtes Ranking in Arbeitgeberbewertungsportal ein ganz anderes Bild zeichnen.

Zufriedene Mitarbeiter*innen sind das Herzstück einer langfristig aufgebauten starken Arbeitgebermarke.

Tipp: Stärkung der Mitarbeiterbindung. Die Ermittlung der Mitarbeiterzufriedenheit ist entscheidend, um die Stärken und Schwächen einer sozialen Einrichtung zu identifizieren. Bewährte Methoden sind dabei regelmäßige Mitarbeiter*innen-Befragungen zu Arbeitsbedingungen, Kultur und Führung. Außerdem stärken Feedback- und Wertschätzungskultur eine offene und ehrliche Kommunikation. Programme zur Mitarbeiterbindung, wie Teamevents, Fortbildungen und Entwicklungsangebote steigern ebenso die Zufriedenheit der Mitarbeiter.

Der Algorithmus spielt ein anderes Spiel und zeigt den Bewerber*innen unzählige Angebote

Sobald sich interessierte Fachkräfte in Anzeigen aus ihrem Berufsfeld mit den spannenden Titeln wie „Komm in unser Team“, „Hier bist du richtig“ oder „Entdecke deine Leidenschaft“ erwärmen und länger verweilen oder in die Verlinkung hineinklicken, erkennt der Algorithmus dies. Das hat zur Folge, dass mehr und mehr regionale Anzeigen in der Timeline angezeigt werden. Aktuell hat der*die Nutzer*in auf Instagram sogar die Möglichkeit zu wählen, ob mehr von diesen Anzeigen ausgespielt werden. Das bedeutet für soziale Arbeitgeber*innen, dass sie wieder mit unzähligen anderen Einrichtungen im selben Teich nach Mitarbeiter*innen fischen.

Die Recruiting-Angebote sind komplex und schwer zu vergleichen

Die Anzeigen werden von Recruiting-Agenturen angeboten, die aktuell mit ihren Tools, Apps und Plattformen wie Pilze aus dem Boden sprießen. Sie werben mit Erfolgsquoten, preisen die Mitarbeiter*innen-Suche als Kinderspiel an und bezeichnen die eigene Recruiting-Methode als den einzig richtigen Weg. Der Markt wird zunehmend unübersichtlich, die Anbieter werben sehr offensiv um Kund*innen und lassen sich kaum in ihrer Dienstleistung bewerten oder vergleichen.

Im Moment stellen meine Kund*innen fest, dass dieses Heilsversprechen in sechs, acht oder zehn Monaten mehr qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen, nicht (mehr) aufgeht und sie nun wieder am Anfang stehen. Die schön designte und technisch ausgefeilte Landingpage ist nicht mehr da.

Tipp: Ausgewählte Agenturen für Kampagnen nutzen. Dennoch ist es wichtig, dass die sozialen Einrichtungen mit diesen Angeboten experimentieren, eigene Erfahrungen machen und die Maßnahmen am Ende konsequent auswerten. Am Ende kann es hilfreich sein, innerhalb von Kampagnen mit einem kompetenten und erfolgreichen Anbieter zu arbeiten. Dies ist allerdings nur eine Maßnahme von vielen, die aufeinander aufbauen und sich ergänzen.

Unübersichtliche Kostenstruktur erschwert Bewertung

Die Modul-Pakete der zahllosen Recruiting-Agenturen, inklusiv der laufenden Anzeigen in den sozialen Medien, die Veröffentlichung der Stellenanzeige in den unterschiedlichsten Onlineportalen, die professionellen Fotos und Videos, das erfordert hohen finanziellen Einsatz. Die sozialen Einrichtungen können dabei kaum den Überblick behalten, auch weil der Markt sich rasant weiterentwickelt. Außerdem fällt es schwer zu bewerten, welcher Anbieter ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis hat.

Tipp: Recruiting einen neuen Wert geben. Trotz der Unübersichtlichkeit ist es positiv, mit verschiedenen Anbieter zu arbeiten, insbesondere, um das Thema Recruiting aus dem Nischendasein der Personalabteilung herauszuholen. Die Geschäftsführung entwickelt dabei ein neues Bewusstsein darüber, wie wichtig es ist, zufriedene Mitarbeiter*innen zu binden und zu Botschaftern für die gute Arbeit zu machen. Und das erfordert ein Budget, was die Einrichtungen bislang noch nicht genügend mitdenken.

Fazit: Eine ganzheitliche, langfristig angelegte Recruiting-Strategie hilft, Mitarbeiter*innen zu finden und zu binden

In Zeiten des massiven Fachkräftemangels, in denen Kita-Gruppen, Pflegeetagen und ganze Krankenhausabteilungen geschlossen werden, ist es wichtig aufeinander aufbauende Maßnahmen zu ergreifen, die sich ergänzen. Niederschwellige Bewerbungen, zeitgemäße Karriereseiten, aussagekräftige Stellenanzeigen, eine zielführende Social-Media-Strategie und ein effektives Bewerbermanagement bieten eine solide Grundlage, um den Bedürfnissen von Bewerber*innen zu entsprechen.

Auf der anderen Seite müssen sich soziale Einrichtungen ebenso um die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter*innen kümmern. Auf einem Arbeitnehmermarkt können sich die Fachkräfte ihre Arbeitgeber aussuchen und das tun sie auch, wenn sie in der eigenen Einrichtung nicht zufrieden sind. Angebote ist es viele. Es gilt also die Zufriedenheit zu erfragen und entsprechende Änderungen vorzunehmen. Das stärkt die Arbeitgebermarke. Ein Prozess, dem sich heute kein Arbeitgeber mehr entziehen kann.

Recruiting als Strategie setzt sich durch

Das Thema Recruiting ist heute ein weites Feld und erfordert umfassende Kompetenzen, die weit über den Bereich Personalmanagement oder Unternehmenskommunikation hinausgehen. Nicht jede Einrichtung kann sich eine eigene Recruiting-Abteilung leisten. Dann kann es durchaus effizient sein, mit entsprechenden Dienstleistern zusammenzuarbeiten, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Eigene Erfahrungen mit Recruiting-Agenturen schafft ein Bewusstsein für die Komplexität von unterschiedlichen Maßnahmen.

Denn eines wird deutlich: Auch kleine soziale Einrichtungen müssen mehr Ressourcen in Form von Personal und Budget in die Fachkräftegewinnung stecken. Ich arbeite überwiegend mit kleineren Einrichten zusammen, die bis zu 100 Mitarbeiter*innen beschäftigen. Dabei begleite ich beim Arbeitgebermarkenprozess und setze entsprechende Maßnahmen in der Außenkommunikation um, von der Karriereseite, über Social-Media-Präsenz bis zur Stellenanzeige. Fotografen, Webtechniker, Designer u. a. Dienstleister ergänzen ihre Expertise. Außerdem berate ich die Einrichtungen bei der Wahl zusätzlicher Recruiting-Plattformen oder Onlinestellenbörsen. 

Grundlage meiner Arbeit ist das Schreiben von Texten aller Art. Was mich allerdings als Texterin für soziale Einrichtungen besonders macht, darüber schreibe ich hier.

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Michaela Arlinghaus
Bloggen – meine neue Leidenschaft

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