Im Austausch mit anderen Menschen sind wir täglich in Gesprächen. Immer wieder kommt es dabei zu Missverständnissen. Denn die Gesprächspartner*innen bringen ihre Sicht von Welt ein. Sie gehen von ihren persönlichen Einstellungen, Vorannahmen, Meinungen, mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen, Interessen, Wünsche und Gefühle aus. Solange wir uns ähnlich sind, gelingt die Kommunikation recht gut. Sobald allerdings die Sicht des anderen sich deutlich von unseren Vorstellungen unterscheidet, fällt uns nicht nur das Verstehen schwer, sondern auch das emotionale Verständnis. Dann verlassen wir schnell die Sachebene hin zur Beziehungsebene.
Nach meiner Erfahrung ist das aktive Zuhören die Basis für jede Art von wertschätzender Kommunikation. Es umfasst nicht nur das genaue Hinhören, sondern auch das genaue Hinsehen und Einfühlen. Dabei geht es nicht nur darum, zu verstehen, was der andere sagt, sondern vor allem um die sensible Wahrnehmung von Körperhaltung, Gefühlen, Wünschen und Bedürfnissen. In dieser Präsenz erfahren wir viel über emotionalen Bedeutungsgehalt dessen, was der andere ausdrückt.
In diesem Blogbeitrag beschreibe ich die einzelnen Schritte wie dir das aktive Zuhören empathisch gelingen kann und erläutere, welche Haltung dabei wichtig ist.
Voraussetzungen für das aktive Zuhören
Um sich auf das aktive Zuhören einzulassen, braucht es eine offene, zugewandte Haltung dem anderen gegenüber.
Weitere Voraussetzungen
- Die Bereitschaft, sich auf den Prozess einzulassen
- Ernsthaftes Interesse für den anderen
- Respekt und Wertschätzung
- Wohlwollende Neugierde, etwas Neues zu erfahren
- Offene, wohlwollende Haltung, verbal und nonverbal
- Störungsfreie Zeit und Rahmen
- Die Fähigkeit der freien Aufmerksamkeit und Konzentration
- Frei von akuten emotionalen Belastungen
- Eine Basis an emotionaler Kompetenz
Je schwieriger das Gespräch zu sein scheint, je mehr wir emotional betroffen sind oder je wahrscheinlicher es sein kann, dass wir emotional reagieren, desto schwerer wird das aktive Zuhören gelingen.
Vor dem Gesprächsprozess ist es sehr hilfreich, sich vorzubereiten. Und zwar zunächst weniger darauf, was ich sagen will, welche Gründe und Argumente ich habe, welche Wünsche und Bitten. Denn dann bin ich nicht frei in meiner Aufmerksamkeit, dann möchte ich festhalten und mir merken, was ich auf jeden Fall zu sagen habe, damit es mir nicht entgleitet.
Viel wohltuender ist es, sich körperlich einzustimmen: Ein Spaziergang, eine Meditation, eine lockernde Körperübung, um die Spannung zu regulieren. Auch assoziatives Sprechen begleitet von Bewegung entlastet oder Tanzen, Tönen, Singen.
Aktiv zuhören ist die wichtigste Basis für dein Kurzcoaching mit mir
In Beratungen mit Kund*innen und insbesondere im Coaching ist aktives Zuhören für mich essenziell. Ich schätze den Redeanteil meiner Gesprächspartner*innen bei 80 Prozent. Nur wenn ich mich dem anderen offen und empathisch zuwende, erfahre ich mehr über Hintergründe, Hindernisse, Bedürfnisse und Wünsche. Aktives Zuhören ist umso wichtiger, wenn in kurzer Zeit Reflexion vertieft, Fragen geklärt oder auch erste Schritte für die Veränderung ermittelt werden sollen. Das ist im Kurzcoaching der Fall. Du kannst dich also darauf verlassen, nicht nur gehört, sondern auch emotional verstanden zu werden. Ich stelle dabei Fragen, die dich tiefer reflektieren lassen, führe dich durch den Prozess und unterstütze dich am Ende dabei, ins Handeln zu kommen. Bei welchen Anliegen ein Kurzcoaching genau das richtige für dich ist, kannst du in diesem Blogbeitrag lesen.
Vier Stufen des aktiven Zuhörens
Zuhören mit allen Sinnen und auf verschiedenen Kommunikationsebenen gelingt über vier Stufen. Ich paraphrasiere das Gesagte mit eigenen Worten, ich versuche die Situation des anderen zu klären, vertiefe und konkretisiere durch Fragen und verbalisiere vermutend die Gefühle meines Gesprächspartners.
Es geht darum, den anderen als Menschen in seiner Ganzheit erleben zu wollen. Für die Wahrnehmung nutzen wir alle unsere Sinne. Einfühlsam bedeutet, den anderen sein zu lassen, wie er ist und diese Haltung macht uns offen für Neues und Überraschendes.
Stufe 1: Haltung einnehmen – Ich bin bereit
Ich stimme mich auf das Gespräch ein, reguliere meine eigene Emotionalität und Betroffenheit, fokussiere meine Aufmerksamkeit. Ich nehme mir ungestörte Zeit und sorge für einen angemessenen und ruhigen Gesprächsrahmen. Vorher entlaste ich mich von akutem Stress, gehe spazieren, mache Körper- oder Atemübungen, so wie oben beschrieben.
Stufe 2: Zuhören – Ich bin ganz Ohr
Ich gehe verbal und nonverbal in den Kontakt und zeige, dass ich bereit bin zuzuhören. Ich bin präsent und mit meiner Aufmerksamkeit bei dem anderen. Dabei halte ich den Blickkontakt, nicke und ermuntere durch aktive Gestik, Mimik und Körpersprache. Ich sitze gespannt wie ein Flitzbogen und hänge quasi an den Lippen des anderen. Mit bestimmten Aussagen signalisiere ich, dass ich zuhöre:
- „Ahh“, „Mhh“
- „Und dann?“
- „Wirklich?“
- „Das ist ja interessant.“
- Erzähle mal, wie es dazu gekommen ist, ich würde gern wissen, wie …“
- „Mich würde interessieren …“
Stufe 3: Verstehen – Kernaussagen auf den Punkt bringen
Auf dieser Ebene fasse ich mit eigenen Worten zusammen, was ich verstanden habe. Wir wiederholen mit eigenen Worten, ohne zu werten und stellen Fragen wie:
- „Worum geht es?“ / „Worin liegt das Problem?“
- „Dir ist wichtig, dass …?“
- „Wenn ich dich richtig verstanden habe, möchtest du dass …?“
- „Du bist der Ansicht, dass …?“, „Du meinst, dass …?“
- „Silke hat xy gesagt?“
- „Du hast xy gemacht?“
- „Ich fasse nochmal zusammen, was ich verstanden habe: 1. …, 2. …, 3. …“
- „Bei mir ist angekommen …“
- „Und dann hast du bemerkt, dass …?“ – („Ja, genau!“)
Stufe 4: Gefühle nachempfinden – dem anderen aus dem Herzen sprechen
Diese Stufe erfordert etwas mehr Übung. Und je mehr wir lernen, die eigenen Gefühle zu wahrzunehmen und zu benennen, desto leichter fällt es uns dies bei anderen. Wir hören Wünsche heraus, versetzten uns in den anderen hinein, verbalisieren (spiegeln) Gefühle und erkennen Bedürfnisse. Hier kommt stärker die Einfühlung zum Tragen, die Wahrnehmung von Körpersprache, Stimme und Widersprüche und emotionalen Botschaften hinter dem Gesagten.
Wir tun dies, wie schon in der vorhergehenden Stufe, in dem wir Fragen stellen oder die Aussage fragend anbieten:
- „Wie geht es dir mit der Situation?“
- „Bist du ärgerlich/enttäuscht, weil …?“
- „Befürchtest du, dass …?“
- „Das war sicher enttäuschend für dich, oder?“
- „Da warst du vermutlich erleichtert?“
- „Da scheint dich sehr zu interessieren, da leuchten deine Augen.“
- „Was ist dein Wunsch / dein Bedürfnis?“
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