Kurz-Anleitung: In 7 Schritten wertschätzende Kritik vorbereiten

2 Mai 2024 | Kommunikation

Konflikte gehören zu unserem Leben. Jeder Mensch hat seine Sicht auf die Welt, mit seinen unterschiedlichen Werten, Bedürfnissen, Gefühlen, Ansichten, Mustern. Wenn wir unsere Fähigkeit, Konflikte anzusprechen, stärken, wachsen wir persönlich. Dabei verbessern wir nicht nur unsere Kommunikationsfähigkeit, sondern vertiefen ebenso unsere Beziehungen, bauen Nähe und Verbundenheit auf. Wenn wir lernen, Konflikte auszutragen, werden wir selbstbewusster, reduzieren Anspannung und Stress. Auch können wir die eigenen Erwartungen und Bedürfnisse klarer kommunizieren. Oft sind Konflikte Motor für Veränderung in unserem Leben und in der Gesellschaft.

Es lohnt sich also in jedem Fall, sich auf eine wertschätzende Kritik, die du an jemand anderes richten möchtest, vorzubereiten und so die eigene Konfliktkompetenz zu stärken.

Nur, wie äußere ich, wenn ich mich unwohl fühle, andere Erwartungen habe oder etwas kritisieren möchte, ohne dass ich überreagiere? Wie komme ich aus meiner Vorwurfshaltung heraus? Wie reguliere ich meine eigene Emotionalität? Wie drücke ich meine Gefühle und Bedürfnisse aus? Wie bitte ich um etwas?

In diesem Blogbeitrag schreibe ich eine Kurz-Anleitung, wie du dich in 7 Schritten auf eine wertschätzende Kritik vorbereiten kannst, die du an jemanden richten möchtest.

Ein Weg zu mehr Konfliktkompetenz

Der Weg zu einer wertschätzenden Kritik umfasst mehrere Schritte. Diese Schritte helfen dir als eine Art Checkliste, die du dir zur Seite legen kannst, wenn du dich auf ein Konfliktgespräch vorbereitest oder auch als Spickzettel während des Ablaufs. Diese Abfolge hat Modellcharakter, mit idealer Ausgangslage. Bedenke, wir sind als Menschen sehr individuell. Eine Konfliktkompetenz ist nicht einfach da, wenn wir diese Schritte befolgen. Es ist ein stetiger Prozess, für den wir uns immer wieder bewusst öffnen müssen. Es bleibt herausfordernd, wenn ich mich verletzlich zeige und vertrauensvoll etwas von mir preisgebe. Wir stehen immer wieder vor der Fragen, ob wir dieses Risiko eingehen wollen. Häufig haben wir über viele Jahre versucht uns zu schützen, was letztlich Nähe, Verbundenheit mit uns selbst und unseren Gefühlen und Bedürfnissen sowie tiefe Begegnungen mit anderen Menschen verhindert.

In diesem Blogbeitrag schreibe ich darüber, warum es uns das Kritisieren schwerfällt, ordne den Begriff ein und mache einen Unterschied zwischen konstruktiver und wertschätzender Kritik. Außerdem nenne ich Gründe, warum sich die Stärkung unserer Konfliktkompetenz lohnt.

Der einzige Weg in eine andere Richtung führt über das TUN. Fang an mit dem nächsten Konflikt, den du gerade in deinem Leben hast! 

#Schritt 1 – Schutz und Sicherheit herstellen

Übernimm Verantwortung für deine Gefühle und bedenke, der andere kann in dir etwas auslösen, verantwortlich für deine Gefühle bist du selbst. Erkenne den Grad deiner emotionalen Aktivierung und nimm dir Zeit, dich zu beruhigen. Manchmal ist es notwendig, die Situation zunächst zu verlassen, um zu einem späteren Zeitpunkt erneut aufeinander zuzugehen. Vielleicht möchtest du mit einem*r Vertrauten über dein Erleben sprechen, um dich ein wenig zu entlasten.

Solange du emotional aufgewühlt bist, wird es dir sehr schwerfallen in einem Gespräch wirklich präsent zu sein. Wie du dich beruhigst, das kann sehr individuell sein. Ob tanzen, boxen, klopfen, spazieren gehen – entdecke deine eigene Strategie. Wichtig ist, Abstand zur Situation zu gewinnen, das kann innerhalb kurzer Zeit geschehen, aber auch mal ein paar Tage dauern. Erst wenn du dich wieder in dir und mit deinen Gefühlen und Bedürfnissen verbunden fühlst, kannst du auf den anderen zugehen.

 Tipp: Sprich aus, dass du eine Pause brauchst, um dich zu sortieren, zu beruhigen, zu sammeln. „Ich bin gerade emotional, ich muss mich erstmal sammeln“, Ich merke, ich bin aufgeregt und es fällt mir schwer, zuzuhören, ich brauche eine Pause“.

#Schritt 2 – Selbstreflexion und Vorbereitung

Nachdem du dich beruhigt hast, vergegenwärtige dir erneut die Situation. Identifiziere deine Anteile am Konflikt. Analysiere die Gründe für dein Unwohlsein, dein Widerspruch, deine Störung, deine Bedenken und erkenne, wie sich diese auf dich auswirken.

Stelle die richtigen Fragen:

  • Was genau stört dich?
  • Wie war deine Reaktion, was hast du gefühlt, was hättest du dir gewünscht?
  • Kennst du deine Reaktion aus anderen Situationen?
  • Entdecke deine Bedürfnisse hinter deinen Vorwürfen.
  • Wo sind deine Grenzen?
  • Was möchtest du konkret an den*die andere*n richtigen, welche Bitte formulieren?
  • Was ist dein Ziel, was möchtest du mit der Kritik erreichen?

Bedenke: Wenn deine Erwartungen nicht erfüllt werden, ist das ein Hinweis darauf, dass bestimmte Bedürfnisse in dir nicht erfüllt sind. Häufig erheben wir dann allerdings Vorwürfe an den anderen und wünschen, dass dieser sein Verhalten ändert, damit es uns besser geht. Das ist ein Trugschluss. Stattdessen ist es wichtig, Verantwortung für dein Fühlen zu übernehmen und dies mit deinen Bedürfnissen zu begründen: „Ich bin traurig, weil ich gern mehr Zeit mit dir verbracht hätte.“ Ermittele also deine Bedürfnisse und frage dich, was du brauchst.

Wertschätzende Kritik mithilfe eines Kurz-Coaching intensiv vorbereiten

Vielleicht wagst du dich ganz neu an das Thema Kritik heran oder du leidest unter einer belastenden Situation, die du schon so lange klären möchtest. Dann lass dich in der Vorbereitung darin begleiten. In einem Kurzcoaching unterstütze ich dich darin, den eigenen Anteilen, Gefühlen, Bedürfnissen auf die Spur zu kommen und helfe dir auch, dich in die Situation des anderen einzufühlen. In recht kurzer Zeit – ein Kurzcoaching dauert eine Stunde, können wir durchaus deine Selbstreflexion vertiefen und mit gezielten Fragen eine Klärung der Situation herbeiführen. Ich leite dich durch den Prozess und habe dein Thema und die Zeit dabei im Blick. Es geht darum, emotionales Verständnis zu stärken und am Ende auch die nächsten Handlungsschritte in den Blick zu nehmen. Bei welchen Anliegen ein Kurzcoaching sonst noch gut geeignet ist, kannst du in diesem Blogbeitrag lesen.

#Schritt 3 – Einfühlung in dein Gegenüber

Der Fokus liegt hier auf der Beziehungsebene. Vergegenwärtige dir die positiven Aspekte sowie Stärken der betroffenen Person und fühle dich empathisch in die Situation des anderen ein:

  • Wie geht es ihm*ihr mit der Situation, welche Gefühle und Bedürfnisse könnte die Person haben?
  • Wie war oder ist gerade seine*ihre emotionale Verfassung?
  • In welcher Beziehung stehst du zu deinem Gegenüber, was verbindet euch?
  • Was schätzt du an dem anderen?
  • Welche Verhaltensweisen fordern dich heraus und lohnen eine vertiefende Reflexion bei dir selbst?

So baust du Wertschätzung sowie Respekt auf und erzeugst eine positive empathische Atmosphäre, bevor du auf die Bereiche hinweist, die du dir anders wünschst. 

#Schritt 4 – Klar, konkret und präzise Formulierungen

Formuliere deine (subjektive) Wahrnehmung, Beobachtung und Annahme über die Situation, ohne Wertung, Verallgemeinerungen, Schuldzuweisungen, Vermutungen, Spekulationen, Interpretationen.

  • Dabei trenne das Verhalten von der Person selbst und beziehe dich auf konkret beobachtbares Verhalten. Konzentriere dich dabei auf eine konkrete Situation, für die du dir eine Lösung wünscht. Statt zu äußern „Du bist rücksichtslos“ formuliere die Auswirkungen, die das Verhalten auf dich hat: „Du hast mir gestern das neue Projekt auf den Tisch gelegt, obwohl du wusstest, dass ich gerade viel Stress mit anderen Aufträgen habe. Das ärgert mich.“
  • Sprich von dir persönlich mit Ich-Aussagen. Vermeine das allgemeine „man“, was eher unverbindlich und unpersönlich daherkommt. 
  • Formuliere konkrete Wünsche für die Zukunft und Bitten, die zum Handeln motivieren: Statt „Bitte arbeite professioneller“ – werde konkreter: “Bitte überarbeite den Text und lese selbst zunächst Korrektur, bevor du mir den Text zur Freigabe zukommen lässt.”
  • Unterscheide Gefühle von Nicht-Gefühlen, dabei ist es wichtig die Vielfalt und Intensität zu berücksichtigen und Gefühle richtig auszudrücken.
  • Formuliere, was du brauchst (Bedürfnisse). Hier findest du eine Anleitung, wie du deine Bedürfnisse ermitteln und ausdrücken kannst.

#Schritt 5 – Bereite dich auf das aktive und einfühlsame Zuhören vor

Dreh- und Angelpunkt wertschätzender Kommunikation ist das richtige Zuhören. Das aktive und einfühlsame Zuhören ist weniger eine Technik als vielmehr eine offene und wohlwollende Haltung. Außerdem vereinbaren wir zwei Ebenen miteinander: Fühlen und Handeln.

Das einfühlsame Zuhören öffnet das Herz und macht den Verstand leer. Lass dich überraschen von dem, was der andere mitteilt, öffne neugierig einen kreativen Raum des Nicht-Wissens und sei ganz präsent in diesem Moment. So kann wirklich Neues entstehen.

Das aktive Zuhören weitet den Blick auf die Handlungsebene. Wir äußern beim Zuhören nicht nur soziale Grunzgeräusche und nicken freundlich, sondern übernehmen Verantwortung. Wir sind konzentriert, ermutigen, stellen Fragen, paraphrasieren, erforschen Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche und sind uns ebenso unserer eigenen Emotionalität bewusst.

Stimme dich also auf das Gespräch ein, reguliere deine eigene Emotionalität, entlaste dich von akutem Stress und fokussiere deine Aufmerksamkeit. Nimm dir ungestörte Zeit und sorge für einen angemessenen und ruhigen Gesprächsrahmen.

Hier findest du eine Anleitung für das aktive und einfühlsame Zuhören. Und in diesem Beitrag differenziere ich den Begriff des aktiven und einfühlsamen Zuhörens, schreibe über Hintergründe, nenne Vor- und Nachteile sowie Grenzen und gehe auf einige Hindernisse, beziehungsweise falsche Annahmen ein.

#Schritt 6 – Lösung finden im Dialog

Gemeinsamkeiten finden, Unterschiede berücksichtigen, Zugeständnisse austauschen und einvernehmliche Lösungen entwickeln. Hier geht es um Bedingungen, unter denen eine Lösung gut machbar und möglich ist. Im Anschluss kann es hilfreich sein, konkrete Schritte der Umsetzung zu vereinbaren.

Gedankliche Leitfragen:

  • Was brauche ich für die Umsetzung,
  • wer oder was könnte mir noch helfen 
  • und wie könnte mich der andere unterstützen?

Nicht immer kann sofort eine Einigung erzielt werden. Vielleicht braucht es nochmal eine Zeit, um alles sacken zu lassen. Auf jeden Fall ist ein positiver Abschluss wichtig. Es gilt konstruktive Momente im Miteinander, im Gespräch zu würdigen und Wertschätzung füreinander auszudrücken.

#Schritt 7 – Wertekonflikte aushalten – die Königsdisziplin

Nicht immer gibt es eine Lösung, manchmal stecken Wertekonflikte dahinter. Das ist mitunter besonders schwer auszuhalten und gleichzeitig der Versuchung zu widerstehen, aus dem Kontakt oder gar aus der Beziehung zu gehen. Für mich ist das die Königsdisziplin beim Aufbau einer Konfliktkompetenz. Es erfordert unglaublich viel Energie, offen für die Andersartigkeit zu bleiben und sich dem anderen weiter mit den eigenen Werten anzuvertrauen oder zuzumuten. Ist es doch so viel einfacher, in Distanz zu gehen, den Kontakt abzubrechen, sich aus dem Weg zu gehen, Themen auszuklammern. Demgegenüber steht die unglaubliche Chance auf tiefe, nährende und starke Beziehungen und ein großer Wachstumsschub für deine persönliche Entwicklung.

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Michaela Arlinghaus
Bloggen – meine neue Leidenschaft

In diesem Blog findest du wöchentlich neue Themen aus meinem beruflichen Alltag.

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